Turnfest - von Blutblasen, Kunstraum 1 und trainiertem Oberkörper

TVB Allgemein

BERLIN - Im Kunstraum 1 der Willi-Graf-Oberschule in Berlin-Lichterfelde, irgendwann reichlich nach Mitternacht. Ein junger Mann steht auf und sagt: „Ich bin stolz, Teil dieser Familie zu sein.“ Jubel, Applaus, Rührung. Große Gefühle in einem Klassenraum, dessen Tische 15 Matratzen und Feldbetten gewichen sind.

Einer ist übrig geblieben, auf dem sich Becher, Flaschen, Chips und Teller mit Käsestückchen drängeln. Umringt von einem Kreis bestens gelaunter Mitglieder des TV Büttelborn nach einem weiteren Tag voller Erlebnisse und Begegungen.

Der gefeierte junge Mann gehört dem TV Nieder-Beerbach an, ist aber schon lange als geschätzter Trampolin-Trainer vereinnahmt. Ein eindeutiges Zeichen seiner Verbundenheit: der Pulli mit der Aufschrift „Tornhall“, der kultigen TVB-Heimstätte.

Drin steckt der gut trainierte Oberkörper von Christian Bausch, der wenige Stunden zuvor Deutscher Meister auf dem Doppel-Mini-Trampolin geworden ist. Das war er zwar schon mal im Jahr 2015, aber dieser Titel hat einen ganz besonderen Wert: Er hat ihn im Rahmen des Deutschen Turnfestes in Berlin gewonnen.

Das weltweit größte Sportfest lockte auch wieder den TV Büttelborn, der mit 50 Teilnehmern die zweitgrößte Vereinsgruppe innerhalb des Kreises Groß-Gerau knapp hinter der TG Rüsselsheim stellte. Der Aktionsradius steht beispielhaft für die unglaubliche Vielfalt des Treffens der großen Turnfamilie.

Das sportliche Herzstück der TVB-Gruppe bildete wieder die in den letzten Jahren so eindrucksvoll gewachsene Trampolingruppe mit Trainer und Wetkampfleiter Mirko Bott sowie den Turnern Louis Behre und Tim Döring an der Spitze. Beide erreichten auch das Finale im Doppel-Mini-Trampolin. Louis Behre zog bei den A-Junioren sogar als Vorkampf-Zweiter ins Finale ein, wo er mit einem sauberen Sprung startete und auch in den zweiten vielversprechend einstieg. Doch die Richtung stimmte nicht, und er landete im Außenbereich. Aus der Traum von einer weiteren Medaille, nachdem er im Vorjahr beim Heimspiel Meister der B-Jugend geworden war.

Tim Döring hatte einen schmerzhaften Einstieg in den Wettkampf, als er beim Aufwärmen stürzte und sich an der Schulter verletzte. Er biss sich durch ins Finale der besten Acht, wo ihm jedoch auch der zweite Sprung misslang und er am Ende wie Behre Sechster wurde. Ebenfalls ins Finale kam Nikola Hart bei den C-Juniorinnen, wo sie Sechste wurde.

Einige ihrer Zimmerkolleginnen bildeten die Gruppe, die beim Teamgruppenwettkampf erstmals bei einer deutschen Meisterschaft startete und sich mit Tanz am Boden, Gruppenturnen und Staffellauf gut präsentierte. Vielfältigkeit war generell gefordert bei den Einsätzen der Büttelborner.

Regelmäßiges Wettsingen auch in S- und U-Bahn

Korbball, Step Aerobic und Wäscheaufhängen auf Zeit – so sah der Dreikampf einer Freizeitsportgruppe bei „Fit im Team 40 plus“ aus, die vor allem mit ihrem dauerhaften Schlachtruf „Büttelborner Sauerkraut“ auffiel. „Hier hat wirklich jeder jeden angefeuert“, freute sich Ute Brunner über die tolle Stimmung in der Halle und staunte bei ihrem Turnfest-Debüt: „Hier wird wirklich überall und ständig geturnt von Jung und Alt.“

Und das nicht nur an den unzähligen Wettkampfstätten. Zum Kräftemessen kam es übrigens auch regelmäßig in S- und U-Bahn. „Wettsingen, miteinander und gegeneinander“, schwärmte das TVB-Team unisono von der tollen Stimmung und schob erleichtert nach: „Man hat sich wirklich überall sicher gefühlt.“

Turnfestlauf über die Straße des 17. Juni, Schwimmen bei strömendem Regen mit leibhaftiger Ente im Wasser, Wahlwettkampf bis zur dicken Blutblase am Fuß. All das gehörte ebenso zum Programm der Büttelborner wie viel Kultur mit Spree-Schifffahrt oder auch der selbst organisierte Besuch eines früheren Stasi-Gefängnisses.

Es kam in Berlin aber auch vor, dass beim Wahlwettkampf weit gesprungen werden sollte, aber kein Maßband da war, oder beim Kugelstoßen die Kugel fehlte. „Die Organisation war teilweise sehr schlecht“, kritisierte Dagmar Kraus als erfahrene Turnfest-Besucherin.

Auf der Mängelliste standen auch die fehlende Versorgung in der Schulunterkunft und die zähe Eröffnungsfeier. Die Stadiongala zog dagegen alle in ihren Bann als einer der Höhepunkte in den Tagen mit viel Bewegung, aber wenig Schlaf.

Nicht nur, weil der Bus am Samstag um 8 Uhr bereit stand und bis dahin Kunstraum 1 wieder in seinen Urzustand versetzt werden musste. Auf der Heimfahrt können die Büttelborner schon einmal der Stadt winken, die sie in vier Jahren besuchen werden: beim Turnfest 2021 in Leipzig.

Der Bericht stammt aus dem Groß-Gerauer Echo vom 10.6.2017 - geschrieben von Turnfest-Reporter Udo Döring

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