Die Tornhall wird "90"

Großes Bauwerk durch viel Eigenleistung

"Großes Werk gedeiht nur durch Einigkeit“. Nun, er mag aus einer fernen Zeit stammen und sich im Jahr 2013 etwa verstaubt lesen, aber im Satz, der über der Bühne unserer alten Tornhall zu lesen ist, steckt viel von dem Geist, ohne den es die sportliche und gesellige Herberge des TV 1888 Büttelborn nicht geben würde. Ohne die Ideen Einzelner und die Bereitschaft Vieler, dafür gemeinsam anzupacken, würde auch keine moderne Sporthalle neben unserer altehrwürdigen „Multifunktions-Tornhall“ stehen.

So wie es dem modernen TV um die Jahrtausendwende in seinem 75 Jahre alten Domizil zu eng wurde, so hatten es die Turner zwischen den Weltkriegen satt, sich für ihre Leibesübungen in den Räumen der Kegelbahn treffen zu müssen. Für jede einigermaßen publikumsträchtige Veranstaltung waren die Säle in Büttelborn sowieso zu klein. Für den Entschluss, eine eigene Halle zu bauen, kam der Auftrag für die Ausrichtung des Bezirksjungendturnens im Jahr 1923 wie bestellt. Es regnete sogar Millionen und Milliarden – die aber allenfalls zum Ausstopfen nasser Schuhe taugten. Die Inflation machte nämlich den finanziellen Grundstock für den Hallenbau zunichte. Nächste Idee: eine vereinseigene Lotterie. Es wurden jedoch nur 23 Prozent der Lose verkauft. 7000 Reichsmark blieben übrig, die die Anschubfinanzierung bildeten, aufgestockt durch ein Darlehen und die Ausgabe von Anteilsscheinen. Aber das Fundament dafür, dass nach wenigen Monaten Bauzeit am 6. Juni 1925 die TV-Tornhall mit großem Konzert und Festumzug eingeweiht werden konnte, bildete die Selbsthilfe. Zur Eigenleistung der Mitglieder kamen kostenfreie Arbeiten örtlicher Handwerker, nachdem schon Bauingenieur Bierach die Pläne zum Nulltarif gefertigt hatte.

Erneutes Zupacken nach dem Krieg

Ganze 1.800 Mark standen zur Verfügung, als unsere Vereinsvorfahren nach dem Krieg nahezu vor einer Ruine standen. Der Mietzahlung einer Papierfirma, die die Halle während der Kriegsjahre zur Lagerung nutzte, war es zu verdanken, dass die Tornhall überhaupt noch in Vereinsbesitz blieb. Die von Bomben zerstörten Außenmauern und Dachflächen wurden erst einmal notdürftig repariert. Schon bald wurde aber wieder kräftig und ehrenamtlich zugepackt. Mit dem Neubau einer Toilettenlage begann der schrittweise Um- und Ausbau der Halle.

Der edle Turnergeist

„Möge der gleiche edle Turnergeist, in dem damals die Tornhall erbaut wurde, für alle Zeiten hier eine Pflegestätte finden zu Nutz und Frommen des Einzelnen, zum Wohle des Vereins und zum Segen unseres Volkes“. Dieser Wunsch war in der Festschrift zum 65-jährigen Bestehen des TV Büttelborn zu lesen. 60 Jahre später kann der Verein stolz und zufrieden auf das blicken, was der „edle Turngeist“ alles hat entstehen lassen. Wobei es dieser Geist nicht immer leicht hatte, bis er in ein modernes Eigenheim einziehen konnte. 1989 wurde die erste Anfrage für die Erweiterung der alten Halle im Bereich Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße von der Gemeinde abgelehnt. Vier Jahre später hatten die Besitzer benachbarter Grundstücke etwas gegen die Erweiterung in anderer Richtung. Erst 1997 gab es grünes Licht für den neuen Plan: „Überbauung der Straße Am Sportplatz“.

Meilensteine der TV-Baugeschichte

1925 Bau der Tornhall
1953 Küche und Schankraum
1965 Gymnastikraum Ostseite
1970 Anbau Toiletten, Aufenthaltsraum
Geräteraum (heute Bar) an der Südseite
1971 neue Warmluftheizung für zwei
bestehende Kohleöfen
1976 neuer Parkettboden in der Tornhall
1977 Bau von Kühl- und Lagerraum sowie
Umbau Küche und Schankraum
1987 neue Deckenverkleidung
2002 Spatenstich für Sporthalle
2004 Einweihung der neuen Sporthalle

Spatenstich für die Sporthalle

Der Rüsselsheimer Architekt Ragnar Otto entwarf die Pläne, die im November 2000 auf einer außerordentlichen Jahreshauptversammlung ohne Gegenstimmen angenommen wurden. Im April 2001 wurde der Bauantrag eingereicht: Unterlagen mussten in sechsfacher Ausfertigung Blatt für Blatt unterschrieben werden, dafür arbeiteten der Vereinsvorsitzende Helmut Senßfelder und Finanzchef Daniel Raiß einen halben Meter hohen Papierberg ab.
Im Juni 2002 erster Spatenstich, im Winter Schließung des Dachs, am 9. Juli 2004 Einweihung der Sporthalle samt neu gestaltetem Foyer und Spiegelsaal. Was sich wie im Schnelldurchgang liest, entstand in 11.000 Stunden Eigenleistung der Vereinsmitglieder. Großes Werk durch Einigkeit eben. Ein Zuschuss von weit mehr als einer halben Million Euro der Gemeinde sowie die finanzielle Unterstützung durch Land, Kreis und Landessportbund erleichterte zudem vieles. Es wurde auch nach dem Juli 2004 munter weitergewerkelt: Entkernung und Neuaufbau der Toiletten, Renovierung der Bühne und verschiedener Abstellräume, und, und, und… Erst 2006 wurde der Bauausschuss aufgelöst, den Erich Barthel zehn Jahre lang mit viel Herzblut und Fachwissen geführt hatte und dem noch Helmut Senßfelder, Hans Görlich, Roland Heinrich und Werner Senßfelder (der aus Dornheim) angehörten.

Budget unterschritten

In seinem Abschlussbericht sprach Barthel auch persönliche Dankworte aus: „Als erstes möchte ich Daniel Raiß erwähnen, der die gesamte finanzielle Abwicklung der Baumaßnahme durchführte. Besonders bemerkenswert war auch die Arbeit von Werner Senßfelder, der die gesamte Elektrik plante, Materialbestellungen durchführte und den Einbau. Auch hat die Verpflegung der Helfer prima geklappt. Neben vielen anderen Frauen möchte ich hierfür Liesel Raiß besonders loben.“ Letztgenanntes Lob bekommt eine besondere Note dadurch, dass die Baubehörde des Regierungspräsidiums Darmstadt bei der Rechnungsprüfung nur einen Punkt beanstandete: Die Kosten bei der Verpflegung der Vereinshelfer wurde nicht als zuschussfähig anerkannt.
In Zeiten von Berliner Flughafen, Elbphilharmonie Hamburg und Stuttgart 21 sei am Ende der Tornhall-Baugeschichte erwähnt: Die von Architekt Ragnar Otto errechnete Bausumme von 1,3 Millionen Euro wurde leicht unterschritten! Ein großes Werk, über das man voller Einigkeit sagen kann: Spitzenleistung.